Mittlerweile hat man in der Medizin durch Studien und durch Erfahrungen von Kaninchenhaltern die Erkenntnis gewonnen, dass es zahlreiche Argumente gibt, die für die Kastration weiblicher Kaninchen sprechen. Denn sehr viele weibliche Kaninchen leiden früher oder später unter einem belastenden Hormonhaushalt und/oder unter Erkrankungen der Gebärmutter/ der Eierstöcke.
Ein aus den Fugen geratener Hormonhaushalt ist natürlich erstmal per se keine medizinische Indikation, um ein weibliches Tier kastrieren zu lassen. Eine Scheinträchtigkeit (mit den dazugehörigen Ausprägungen) ist – und hier möchten wir alle Halter beruhigen – völlig normal und gehört zu den natürlichen Verhaltensweisen.
Wenn Ihre Kaninchendame sich also das Fell ausrupft, Heu und andere Dinge sammelt und sich an einem geschützten Platz ein Nest damit baut, dann ist das sowohl für das Tier als auch für manchen Halter stressig, aber durchaus ein ganz normales Verhalten. Gerade im Frühjahr kann man das bei weiblichen Tieren regelmäßig beobachten. Aufmerksam sollte man als Halter allerdings werden, wenn diese Phasen häufiger werden, ungewöhnlich intensiv sind und/oder sehr lange andauern.
Auch andere Indikatoren lassen auf Probleme mit der Gebärmutter schließen:
Dann sollte man sich durchaus mit dem Gedanken an eine Kastration beschäftigen, denn die präventiven Maßnahmen in diesem Bereich (zum Beispiel Abtasten, Röntgen oder eine regelmäßige Ultraschallkontrolle der Gebärmutterregion) sind nicht ausreichend sicher. Krankhafte Veränderungen können mitunter trotzdem unerkannt bleiben.
Kastration < – > Sterilisation:
Kastration bedeutet die Entfernung der Keimdrüsen und damit die Entfernung der hormonproduzierenden Organe (Hoden bzw. Eierstöcke & Gebärmutter). Sterilisation bedeutet, dass das Tier unfruchtbar gemacht wird, indem zum Beispiel bei männlichen Tieren die Samenleiter abgebunden oder durchtrennt werden. Bei weiblichen Tieren erfolgt die Sterilisation durch eine Ligatur der Eileiter oder die Entfernung eines Abschnitts der Eileiter. Letzteres ist jedoch bei Kaninchen nicht üblich.
Immer häufiger stellt sich die Frage: „Sollte man weibliche Kaninchen präventiv kastrieren?“
Diese Frage lässt sich nicht so einfach mit „Ja“ oder „Nein“ beantworten.
Die Kastration weiblicher Kaninchen ist aufwändiger als die Kastration eines männlichen Kaninchens. Ganz klar: Zur Nachwuchsvermeidung ist die Kastration beim Weibchen nicht notwendig, da die männlichen Partner ohnehin kastriert werden müssen. Zudem birgt eine Operation immer Risiken.
Und dennoch ergeben sich aus medizinischen Studien und Erfahrungen sehr viele Argumente pro Kastration (wenn keine medizinischen Gründe dagegensprechen):
Es gibt verschiedene wissenschaftliche Studien die belegen, dass bis zu 80 Prozent der untersuchten Kaninchenweibchen im Laufe ihres Lebens (tumoröse) Veränderungen entwickeln, die zudem häufig metastasieren.
Kaninchen sind Meister im Verbergen von Schmerzen und Krankheiten, führt Schwäche in der Natur doch zum Ausstoß aus der Gruppe und erhöht somit die Wahrscheinlichkeit, Opfer von Fressfeinden zu werden.
Wenn die weiblichen Tiere dann die genannten Symptome zeigen, ist Eile geboten und eine Notkastration der letzte Ausweg. Diese Operation stecken die Tiere häufig schlecht weg, da sie durch die Erkrankung bereits geschwächt sind. Kommt dann noch ein hohes Alter zu dem schlechten Allgemeinzustand, kann die Operation mitunter lebensbedrohlich für das Tier sein.
Betrachtet man die bisherigen Ausführungen, kommt man nicht umhin zu erkennen, dass im Umkehrschluss eine vorbeugende Kastration von gesunden, jungen Tieren daher deutlich risikoärmer ist. In der Beratung treffen wir häufig auf verunsicherte Halter, die aus Unkenntnis oder falscher medizinischer Beratung Angst vor diesem Eingriff haben.
Häufige Argumente gegen eine Kastration sind:
Aus unserer Erfahrung heraus und gestützt durch tierärztliche Fachkenntnisse können wir die genannten Argumente wie folgt entkräften:
Ist die Entscheidung für eine Kastration gefallen? Dann möchten wir Ihnen noch einige wichtige Tipps und Informationen mit auf den Weg geben.
Bitte suchen Sie sich einen kaninchenerfahrenen Tierarzt für diese Operation. Lassen Sie sich gerne von uns dazu beraten. Oft ist es auch sinnvoll, einen etwas weiteren Weg in Kauf zu nehmen und zum Beispiel in eine Tierklinik zu fahren. Lassen Sie das Kaninchen vor der Operation gründlich untersuchen und auf Narkosefähigkeit prüfen. Eine Blutuntersuchung vorab erachten wir hier als sinnvoll.
Wählen Sie einen günstigen Zeitpunkt. Die Operation sollte nicht im Hochsommer stattfinden oder (Beispiel Tiere in Außenhaltung) im tiefsten Winter. Es sei denn, Sie haben die Möglichkeit, Tiere aus Außenhaltung vorübergehend zum Beispiel in einem unbeheizten Raum unterzubringen.
Geben Sie das Tier niemals nüchtern für die Operation ab und sorgen Sie dafür, dass das Tier ausreichend Proviant dabei hat. Oft müssen die Kaninchen bis zur Operation eine gewisse Zeitspanne warten. Haben sie kein oder zu wenig Futter dabei, ist dies sehr ungünstig. Geben Sie am besten das Lieblingsfutter mit. Aus unserer Erfahrung heraus mögen die Tiere besonders gern frische Kräuter und Möhrengrün.
Wenn Sie das Kaninchen nach der Operation abholen, wird es bereits wach sein. Ihr Tierarzt wird alles Weitere mit Ihnen besprechen. Er wird Ihnen Schmerzmittel sowie ein Antibiotikum mitgeben. Achten Sie bitte darauf, ausreichend Schmerzmittel zu erhalten. Bringen Sie das Kaninchen auf direktem Wege nach Hause. Dort angekommen, sollte das Kaninchen ausruhen können. Bei vielen Tieren fällt der Stress des Tages förmlich ab und sie kommen in gewohnter Umgebung zur Ruhe und dösen bzw. schlafen einige Zeit. Achten Sie auf ausreichend Wärme in Form von Rotlicht oder Snugglesafes.
In der Regel ist keine Trennung vom Partnertier erforderlich. Es sei denn, das Partnertier reagiert aggressiv auf den Patienten.
Einige Tiere fangen nach der Operation relativ schnell an, wieder selbstständig Futter aufzunehmen. Bereiten Sie sich dennoch darauf vor, das Kaninchen zuzufüttern. Hierfür gibt es verschiedene Präparate, die mit zum Beispiel Fencheltee zu einem Brei angerührt werden. Diesen ziehen Sie in einer Spritze (ohne Kanüle) auf und schieben die Spritze seitlich in das Kaninchenmaul. Lassen Sie nun den Brei ganz vorsichtig in das Kaninchenmaul fließen. Oft schlecken die Tiere den Brei auch direkt aus der Spritze. Achten Sie auch auf genug Trinkwasser. Kaninchen haben nach Operationen häufig einen erhöhten Flüssigkeitsbedarf.
Das Kaninchen sollte innerhalb der nächsten 24 Stunden wieder selbstständig Futter aufnehmen (zumindest in kleinen Mengen). Manchmal hilft es, die Tiere mit ihrem Lieblingsfutter zu „nerven“.
Damit das Kaninchen nicht an die Operationsnaht geht, sollten Sie einen Body bereithalten. Manchmal bekommen die Tiere diesen nach der Operation beim Tierarzt angezogen. Es gibt bereits einige Hersteller, die sich auf Bodys für Kaninchen spezialisiert haben. Die Bodys bieten einen optimalen Schutz bei guter Bewegungsfreiheit. Zudem schützt der Body die Wunde vor Dreck. Kontrollieren Sie die Naht regelmäßig. Sollten Sie Blutungen, Entzündungen oder ähnliches bemerken: konsultieren Sie unverzüglich den behandelnden Tierarzt.
Manche Kaninchen stecken die Kastration erstaunlich gut weg und bewegen sich bereits nach einem Tag fast wieder normal. Andere brauchen 2 bis 3 Tage, um sich zu erholen. Nach 10 Tagen werden die Fäden gezogen (sofern eine entsprechende Außennaht gelegt wurde). Dann muss nur noch – im wahrsten Sinne des Wortes – Fell über die Angelegenheit wachsen.
Weitere interessante Themen